Wie regelt das Gesetz den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit?
Im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) ist detailliert geregelt, unter welchen Voraussetzungen die deutsche Staatsangehörigkeit erworben werden kann. Speziell geregelt ist der Fall, dass ein Kind in Deutschland geboren wird.
- Das Kind erwirbt mit seiner Geburt problemlos die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn die Mutter selbst die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt (§ 4 StAG).
- Gleiches gilt, wenn die Mutter ausländische Staatsangehörige ist und mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist. Auch dann erwirbt das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit mit der Geburt (§ 4 StAG).
- Ist bei der Geburt nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist der Vater mit der Mutter nicht verheiratet, wird das Kind mit der Geburt nur dann deutscher Staatsangehöriger, wenn der Vater seine Vaterschaft ausdrücklich anerkennt. Der Vater „legitimiert“ sein Kind.
- Erfolgt die Anerkennung der Vaterschaft zu dem Zweck, dem Kind oder der Mutter die Einreise oder den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, ist die Anerkennung rechtsmissbräuchlich (§ 1597a BGB, § 85a AufenthG).
Gut zu wissen: Ein in Deutschland geborenes Kind, dessen Eltern beide ausländische Staatsangehörige sind, erwirbt mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn wenigstens ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.
Anfechtung der Vaterschaft berührt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urteil vom 22.7.2021, Az. 8 K 814/21) hatte den Fall zu entscheiden, bei dem der Vater mit deutscher Staatsangehörigkeit seine Vaterschaft zum Kind erfolgreich angefochten hatte. Die zuständige Behörde hatte die Anfechtung zum Anlass genommen, festzustellen, dass das Kind durch die Anfechtung die deutsche Staatsangehörigkeit verloren habe.
Im Fall ging es darum, dass ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft zu dem in Deutschland geborenen Kind anerkannt hatte. Die Kindesmutter stammte aus dem Kongo. Durch die Anerkennung der Vaterschaft erhielt das Kind die deutsche Staatsbürgerschaft. Später stellte das Amtsgericht Duisburg in einem Vaterschaftsprozess auf Antrag des Mannes fest, dass der Mann nicht der leibliche Vater des Kindes sei. In dem sich anschließenden Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf ging es darum, gerichtlich feststellen lassen, dass das Kind seine deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren habe.
Das Verwaltungsgericht stellte klar, dass das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch die Anfechtung der Vaterschaft verloren habe:
- Zur Begründung wurde zunächst auf Art. 16 Grundgesetz verwiesen. Danach darf der Verlust der Staatsangehörigkeit nur aufgrund eines Gesetzes eintreten. An genau dieser gesetzlichen Grundlage fehle es aber.
- Die von der Behörde ursprünglich für den Entzug der Staatsangehörigkeit herangezogene Vorschrift des § 17 StAG stelle keine ausreichende Rechtsgrundlage dar. In dieser Vorschrift finde sich in der Aufzählung der Verlustgründe kein Hinweis auf die Vaterschaftsanfechtung. Die Vorschrift genüge daher nicht dem Gesetzesvorbehalt des Art. 16 Grundgesetz. Der Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes wäre also allenfalls in Betracht gekommen, wenn in § 17 StAG ausdrücklich auch die Anfechtung der Vaterschaft als Verlustgrund benannt worden wäre. Da dies nicht der Fall ist, könne dem Kind nicht die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden.
- Hinzu komme, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet wurde. Bei der Anfechtung der Vaterschaft vor dem Amtsgericht ging es allein darum, ob das Kind vom Vater abstamme. Es sei aber nicht geprüft worden, welche Auswirkungen die Entscheidung auf den Status und die Interessen des Kindes habe.
- Es war auch kein Thema, ob der Mann die Vaterschaft möglicherweise missbräuchlich anerkannt hatte. Ursprünglich war der Mann davon ausgegangen, dass er tatsächlich der Vater war, so dass wohl keine Anhaltspunkte bestanden, die Anerkennung im Lichte der § 1597a BGB, § 85a AufenthG zu prüfen. Nachdem die Anerkennung durch die zuständige Behörde ursprünglich nicht beanstandet wurde, gab es nach dem Gesetz auch keine Möglichkeit mehr, die Anerkennung nachträglich auf Missbrauch zu überprüfen.
Wann ist die Anerkennung der Vaterschaft missbräuchlich?
In diesem Zusammenhang gibt es eine interessante Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.6.21, Az. 1 C 30/20). Dort ging es darum, dass ein deutscher Staatsangehöriger das Kind einer ausländischen Mutter als eigenes Kind anerkannte. Die Ausländerbehörde hielt die Anerkennung der Vaterschaft jedoch für missbräuchlich, weil der Mann nicht der biologische Vater sei und zwischen ihm und der Mutter keine sozial-familiäre Beziehung bestünde.
Die Problematik besteht in diesen Fällen typischerweise darin, dass ein deutscher nicht biologischer Vater durch die Anerkennung der Vaterschaft einem ausländischen Kind die deutsche Staatsangehörigkeit verschaffen und damit dem Kind und seiner zuvor meist ausreisepflichtigen ausländischen Mutter ein ansonsten nicht realisierbares Aufenthaltsrecht beschafft. Der oft finanziell bedürftige Mann erhält dafür regelmäßig eine finanzielle Gegenleistung.
Um das Problem zu erfassen, wurde in 2017 die Vorschrift des § 1597a BGB in das Bürgerliche Gesetzbuch und § 85a in das Aufenthaltsgesetz eingefügt. Danach darf die Vaterschaft eines nicht leiblichen Vaters nicht anerkannt werden, wenn diese gezielt dazu erklärt wird, der Mutter das Aufenthaltsrecht zu ermöglichen. Durch eine vorbeugende Missbrauchskontrolle durch die Ausländerbehörden sollen die daran anknüpfenden statusrechtlichen Folgen möglichst gar nicht erst entstehen können. § 1597a BGB benennt hierzu eine Reihe von Anknüpfungspunkten, die den Verdacht der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft begründen können.
Sofern Anhaltspunkte bestehen, muss die beurkundende Stelle (Jugendamt, Standesamt, Notar) die Beurkundung der Anerkennung der Vaterschaft förmlich aussetzen und der zuständigen Ausländerbehörde zur Prüfung vorlegen. Die Entscheidung, ob ein Missbrauchsfall im Sinn des § 1597a BGB vorliegt, trifft die Behörde durch Verwaltungsakt in einem im Detail in § 85a AufenthG geregelten Verfahren. Damit entscheiden in letzter Konsequenz Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte, ob die Vaterschaft anzuerkennen oder zu missbilligen ist.
Verfahren ist in der Praxis schwierig umzusetzen
In der Praxis bestehen bei der Anwendung des Verfahrens Schwierigkeiten. Schwierig zu überprüfen ist, inwieweit tatsächlich persönliche Beziehungen zwischen dem vermeintlichen Vater und der Mutter und dem Kind bestehen. Es erscheint fraglich, wie die jeweilige Urkundsperson diesen Umstand innerhalb eines kurzen Gesprächstermins, oft unter Beiziehung eines Dolmetschers, feststellen soll. Es wird daher vielfach bezweifelt, inwieweit die gesetzliche Regelung wirklich geeignet sind, eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung zu verhindern.
Im Fall hat das Bundesverwaltungsgericht auch darauf hingewiesen, dass die Anerkennung der Vaterschaft gerade nicht rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Mann darauf abstelle, eine Eltern-Kind-Beziehung zu begründen, fortzusetzen oder zu vertiefen. Der Mann müsse die aus der Vaterschaftsanerkennung sich ergebenden Rechte und Pflichten tatsächlich wahrnehmen wollen, brauche die mit der elterlichen Verantwortung verbundenen Umstände aber nicht in allen Dimensionen wirklich wahrzunehmen. Eine häusliche Gemeinschaft sei nicht unbedingt erforderlich, auch eine geistig emotionale Nähebeziehung könne ausreichen. In der Kritik wird die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als dahingehend betrachtet, die neuen Regelungen der § 1597a BGB, § 85a AufenthG endgültig ins Leere laufen zu lassen.
In der Konsequenz hat die Konferenz der Justizminister einen dringenden Änderungsbedarf festgestellt, um die Ziele der Regelung in der Praxis auch tatsächlich zu erreichen. Das Bundesjustizministerium wurde aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen.
Alles in allem
Das Staatsangehörigenrecht ist ein komplexes Regelwerk. Sollten Sie als binationales Paar, ggf. nach der Scheidung, betroffen sein, empfiehlt sich, dass Sie sich frühzeitig und kompetent beraten lassen.