Kindergeld im Ausland beziehen

Kindergeld im Ausland beziehen

Sind Sie Eltern eines Kindes und haben Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, haben Sie Anspruch auf Kindergeld. Es kommt nicht darauf an, welche Staatsangehörigkeit Sie haben und ob Sie erwerbs- oder nicht erwerbstätig sind. Auch als Ausländer haben Sie daher vielfach Anspruch auf Kindergeld. Schwieriger wird es, wenn das Kind oder ein Elternteil im Ausland lebt und Kindergeld aus Deutschland beziehen möchte.

Ich möchte:

Kurzfassung

  • Lebt Ihr Kind bei dem anderen Elternteil im Ausland, haben Sie Anspruch auf Kindergeld, wenn Sie in Deutschland wohnen.
  • Halten Sie sich selbst im Ausland auf, führt ein Aufenthalt von mehr als sechs Monaten zum Verlust des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland. Sie haben unter Umständen Anspruch auf Familienleistungen des Staates, in dem Sie sich aufhalten.
  • Achten Sie darauf, den Antrag auf Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse gebührenfrei zu stellen. Dies können Sie auch online erledigen.

Wer hat Anspruch auf Kindergeld?

Die Anspruchsvoraussetzungen, um Kindergeld zu beziehen, sind sehr detailliert geregelt und hängen von zahlreichen Voraussetzungen und persönlichen Gegebenheiten ab. Es gelten folgende Grundsätze:

  • Der Anspruch auf Kindergeld beruht auf dem Einkommensteuergesetz. Sofern Sie Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, unterliegen Sie der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Ihr Anspruch auf Kindergeld besteht zweifelsfrei, und zwar auch dann, wenn Ihr Kind im Ausland lebt.
  • Gleichgestellt sind deutsche Staatsangehörige, die im Ausland wohnen, als Beamte, Richter, Soldaten oder Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst des Inlands beschäftigt sind und ihren Arbeitslohn von einer inländischen öffentlichen Kasse erhalten (§ 1 Absatz 2 Einkommenssteuergesetz (EstG)). Damit können Sie auch Kindergeld beziehen, wenn Sie als deutscher Staatsangehöriger selbst im Ausland wohnen und arbeiten.
  • Gleichgestellt sind Personen, die als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gelten und in Deutschland zwar keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber inländische Einkünfte (z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Tätigkeit oder Arbeitslohn) beziehen und ihre gesamten Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen (§ 1 Absatz 3 EstG). Auch in diesem Fall haben Sie Anspruch auf Kindergeld.

Kindergeld für im Ausland lebende Kinder von deutschen Staatsangehörigen

Halten Sie sich mit Ihrer Familie aus beruflichen Gründen im Ausland auf und behalten Ihre Wohnung in Deutschland bei, bleibt Ihr Wohnsitz in Deutschland fortbestehen. Da Sie in Deutschland uneingeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, steht Ihnen uneingeschränkt das Kindergeld für Ihr Kind zu. Dies betrifft das Kindergeld für Deutsche in der EU, aber auch für Deutsche außerhalb der EU.

Gut zu wissen: Vorsicht bei längeren Auslandsaufenthalten

Ein zusammenhängender Auslandsaufenthalt von mehr als sechs Monaten führt regelmäßig zum Verlust des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland. Sofern Sie Ihre Wohnung während Ihres Aufenthalts im Ausland für bis zu sechs Monate kurzfristig vermieten oder untervermieten und nach Ihrer Rückkehr wieder nutzen können, behalten Sie Ihren Wohnsitz trotzdem fort. Ihr Anspruch auf Kindergeld wird dadurch nicht beeinträchtigt.

Was passiert mit dem Kindergeld wenn man auswandert? Sobald Sie Ihren Wohnsitz ins Ausland verlagern und dort Ihren Lebensmittelpunkt begründen, sind Sie gesetzlich verpflichtet, sich in Deutschland beim Einwohnermeldeamt abzumelden. Da Sie im Ausland dann wahrscheinlich arbeiten und sozialversicherungspflichtig sind, werden Sie sich auch dort als Einwohner anmelden müssen. Sie erhalten in vielen Staaten eine neue Sozialversicherungsnummer. Da Sie in Deutschland nicht mehr einkommensteuerpflichtig sind, entfällt Ihr Anspruch auf das deutsche Kindergeld.

Ungeachtet dessen können Sie auch in Deutschland gemeldet bleiben, auch wenn der Hauptwohnsitz im Ausland ist. Dafür benötigen Sie eine Wohnung in Deutschland, die jederzeit zur Verfügung steht. Das könnte auch das alte Kinderzimmer bei den Eltern sein. Mit Ihrem Wohnsitz in Deutschland bleiben Sie in Deutschland einkommensteuerpflichtig und bewahren damit Ihren Anspruch auf das Kindergeld.

Kindergeld, wenn allein das Kind im Ausland lebt

Lebt allein Ihr Kind im Ausland und Sie leben in Deutschland, kommt es darauf an, dass das Kind seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland beibehält oder zumindest in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat wohnt, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet. Diese Fälle werden oft relevant, wenn das Kind im Ausland studiert.

Praxisbeispiel: Kindergeld während Studium in China

Der Bundesfinanzhof bestätigte den Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das sich während seines mehrjährigen Studiums in China aufgehalten hatte. Da das Kind mindestens die Hälfte seiner ausbildungsfreien Zeit in Deutschland bei den Eltern verbrachte und in China keinerlei persönliche Bindungen bestanden, war davon auszugehen, dass es seinen Wohnsitz im Haushalt der Eltern in Deutschland beibehalten wollte. Damit blieb der Anspruch auf das Kindergeld bestehen (BFH Az. III R 38/14).

Kindergeld für im Ausland lebende Kinder von Ausländern

Sind Sie ausländischer Staatsangehöriger und wohnen und leben in Deutschland, erhalten Sie für Ihr im Ausland lebendes Kind Kindergeld, wenn Sie in Deutschland einkommensteuerpflichtig sind. Dafür genügt es, dass Sie Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Es kommt nicht darauf an, ob Sie erwerbstätig sind.

Kindergeld, wenn ein Elternteil in Deutschland und der andere im Ausland lebt

Geht es um Kindergeld, gibt es oft eine Reihe schwieriger Fragen. Der Bundesfinanzhof (Urteil vom 21.8.2021, Az. III R 10/20) hatte folgenden Fall zu entscheiden:

  • Der Vater einer Tochter lebte in Deutschland. Die bulgarisch stämmige Mutter lebte in Griechenland. Dort ging ihre Tochter zur Schule.
  • Der Vater beantragte in Deutschland Kindergeld. Sein Antrag auf Kindergeld wurde von der Familienkasse abgelehnt. Die Familienkasse hielt allenfalls die Mutter, nicht aber den Vater, für anspruchsberechtigt.
  • Die Mutter habe aber innerhalb der Festsetzungsfrist für die Beantragung von Kindergeld keinen Antrag gestellt. Der Anspruch auf Kindergeld könne nämlich nur auf dem Wohnsitz des Vaters in Deutschland beruhen. Dagegen klagte der Vater in Deutschland.

Nebenbei: Der Vater war Grieche. Die Staatsangehörigkeit spielte aber keine Rolle, da es maßgeblich darauf ankommt, dass er als Ausländer in Deutschland arbeitet und hier einkommensteuerpflichtig ist.

Der Bundesfinanzhof bestätigte in letzter Instanz, dass die Mutter Anspruch auf Kindergeld habe. Es genüge, dass der Vater seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt habe. Der Wohnsitz der in Griechenland lebenden Mutter in Deutschland werde „fingiert“. Dies bedeutet, dass der Vater aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland der Mutter den Anspruch auf Kindergeld vermittelt habe, indem er den Antrag auf Zahlung von Kindergeld stellte.

Nach Art. 67 der EU-VO Nr. 883/2004 habe eine Person (hier der Vater) auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen (hier Kind und Mutter) Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats (hier Deutschland). Die Situation der gesamten Familie sei in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Person in Deutschland wohnen und unter die Rechtsvorschriften Deutschlands fallen. Nach diesen Grundsätzen wird also der Wohnsitz der Mutter in Deutschland fingiert.

Darüber hinaus wirkt sich diese Betrachtungsweise verfahrensrechtlich so aus, dass der von dem Vater gestellte Antrag auf Kindergeld auch zugunsten der Mutter zu berücksichtigen sei, die selbst keinen Antrag gestellt habe. Dieser Aspekt war im vorliegenden Fall insoweit relevant, als der Vater den Kindergeldantrag vor Ablauf der Festsetzungsfrist stellte und damit den Anspruch auf Kindergeld sicherte. Davon profitierte auch die Mutter.

Kindergeld für die Vergangenheit?

Kindergeld wird vom Beginn des Monats an gewährt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Wird der Antrag auf Kindergeld später gestellt, wird Kindergeld rückwirkend nur innerhalb der Festsetzungsfrist (auch Festsetzungsverjährung) gezahlt. Diese Festsetzungsverjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf Kindergeld entstanden ist (also zum 1.1. des Folgejahres) und beträgt vier Jahre. Nach Ablauf dieser Frist darf Kindergeld für die davorliegende Zeit nicht mehr bewilligt werden, da der Anspruch mit Eintritt der Verjährung erloschen ist.

Praxisbeispiel: Wann verjährt der Anspruch auf Kindergeld?

Ist Ihr Kind am 20. Juni 2019 geboren, haben Sie ab dem Monat der Geburt Anspruch auf Kindergeld. Für die Kindergeldansprüche ab Juni bis Dezember 2019 beginnt die Festsetzungsverjährung am 1. Januar 2020 und endet mit Ablauf des 31. Dezember 2023. Am 1. Januar 2024 ist der Kindergeldanspruch des Jahres 2019 erloschen und kann daher nicht mehr bewilligt werden.

Welcher Elternteil hat Anspruch auf Kindergeld?

Das Kindergeld wird vorrangig an denjenigen Elternteil ausgezahlt, der das Kind in seinem Haushalt betreut. Der andere Elternteil ist dem Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Die Aufnahme in den Haushalt liegt aber nur vor, wenn das Kind ständig in der Wohnung des antragstellenden Elternteils lebt, dort versorgt und betreut wird. Die bloße Anmeldung bei der Meldebehörde genügt also nicht.

Auch die tageweise Betreuung während der Woche begründet keine Haushaltsaufnahme. Lebt das Kind im Ausland, kommt es darauf an, welcher Elternteil das Kindergeld beantragt und bei welchem Elternteil das Kind seinen Lebensmittelpunkt begründet.

Derjenige Elternteil, der das Kind nicht in seinem Haushalt betreut, darf die Hälfte des Kindergeldes vom Kindesunterhalt abziehen. Der Unterhaltsbetrag reduziert sich also um die Hälfte des Betrages, der als Kindergeld für das Kind gezahlt wird.

Wie beantragen Sie Kindergeld?

Kindergeld ist immer schriftlich zu beantragen. Eine mündliche Antragstellung, beispielsweise durch einen Telefonanruf bei der Familienkasse, genügt nicht. Für den Antrag auf Kindergeld soll nach Möglichkeit der amtliche Vordruck benutzt werden. Nur damit gewährleisten Sie, dass Ihre Angaben vollständig sind und vermeiden unnötige Rückfragen. Im Detail:

  • Der Antrag ist bei der für Sie örtlich zuständigen Familienkasse zu stellen. Dazu kommt es auf Ihren Wohnsitz an. Soweit Sie einzelne Fragen nicht beantworten können, empfiehlt sich, offene Fragen bei der Familienkasse persönlich abzuklären.
  • Erfüllen beide Elternteile die Anspruchsvoraussetzungen auf Kindergeld, ist im Antrag derjenige Elternteil einzutragen, der nach dem Willen beider Elternteile das Kindergeld erhalten soll. Leben Sie getrennt oder sind geschieden, ist beim Familienstand „dauernd getrennt lebend“ anzukreuzen. Beachten Sie, dass das Kindergeld vorrangig demjenigen Elternteil zusteht, der das Kind in seinem Haushalt betreut.
  • Sofern Sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines EU-/EWR-Staats oder der Schweiz besitzen, ist der Nachweis über den Aufenthaltstitel beizufügen.
  • Beziehen Sie für Ihr Kind Familienleistungen aus dem Ausland oder kindbezogene Leistungen von einer Beschäftigungsbehörde, müssen Sie hierüber Angaben machen.

Expertentipp: Antragstellung ist gebührenfrei

Achten Sie darauf, dass Sie den Antrag auf Kindergeld immer bei der offiziellen und zuständigen Familienkasse stellen. Die Antragstellung über Kindergeld-Services von Dritten ist oft gebührenpflichtig und wirbt damit, dass Sie sich nicht mit Behördendeutsch oder Papierkram auseinandersetzen müssten. Das ist aber gar nicht nötig: Denn die Antragstellung bei der Familienkasse ist gebührenfrei. Sie können den Antrag auch online ausfüllen und bei Bedarf beraten werden. Dazu bieten die Familienkassen meist eine kostenlose Servicerufnummer an.

Ausklang

Der Personenkreis, der in Deutschland Anspruch auf Kindergeld hat, ist sehr weit gefasst. Dabei sind allerdings die teils sehr unterschiedlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen, unter den Kindergeld gezahlt wird. Im Zweifel sollten Sie sich beraten lassen und den Antragsvordruck auf Kindergeld erst bei der Familienkasse einreichen, wenn Sie die maßgeblichen Fragen abgeklärt haben.

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Autor iurFRIEND-Redaktion

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