Kann ich mich auch ohne Anwalt scheiden lassen?

Kann ich mich auch ohne Anwalt scheiden lassen?

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Möchten Sie sich von Ihrem Ehepartner scheiden lassen , benötigen Sie einen Rechtsanwalt. Nur ein Rechtsanwalt kann Ihren Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen. Außerdem müssen Sie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Richter durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Wir erklären, wann und warum Sie einen Rechtsanwalt benötigen, wann ein Ehepartner keinen Rechtsanwalt benötigt und wie Sie den richtigen Anwalt für Ihre Scheidung finden.

Das Wichtigste

  • Bei den Familiengerichten besteht Anwaltszwang. Sie können Ihren Scheidungsantrag nur über einen Rechtsanwalt beim Familiengericht einreichen und müssen sich im Scheidungstermin anwaltlich vertreten lassen.
  • Der „Zwang“, sich anwaltlich vertreten zu lassen, dient Ihrem Interesse. Nur so ist gewährleistet, dass Ihr Scheidungsantrag diejenigen Angaben enthält, die der Richter benötigt, um Ihre Scheidung zu beschließen.
  • Lassen Sie sich einvernehmlich scheiden, genügt es, wenn Ihr Ehepartner Ihrem Scheidungsantrag zustimmt. Dann benötigen nur Sie allein einen Rechtsanwalt.
  • Verläuft Ihre Scheidung streitig, benötigt auch Ihr Ehepartner einen eigenen Rechtsanwalt. Streiten Sie über eine Scheidungsfolge, erhöhen Sie die Gebühren für die Gerichtskasse und die notwendigerweise beiden beteiligten Rechtsanwälte erheblich.
  • Soweit Sie eine Scheidungsfolge geregelt wissen möchten, regeln Sie die damit verbundenen Rechte und Pflichten idealerweise in einer Scheidungsfolgenvereinbarung und verzichten auf eine gerichtliche Auseinandersetzung.
  • Suchen Sie über einen Scheidungsservice gezielt nach Anwälten mit Kompetenzen im Familienrecht, um böse Überraschungen zu vermeiden. Neben Fachanwälten bieten Anwälte mit Schwerpunkt Familienrecht eine gleichwertige Qualifikation.

Warum ist ein Rechtsanwalt im Scheidungsverfahren Pflicht?

Der Gesetzgeber schreibt für die Familiengerichte den Anwaltszwang vor. Anwaltszwang bedeutet, dass Sie nur über einen in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt Ihren Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen können. Würden Sie den Antrag selbst einreichen, müsste das Gericht Ihren Antrag wegen des Anwaltszwangs als unzulässig zurückweisen (§ 114 FamFG = Gesetz über das Verfahren in Familiensachen = Familienverfahrensgesetz). Damit ist das Ergebnis klar: Sie können sich nicht ohne Anwalt scheiden lassen. Aber auch diese Regel hat ihre Ausnahmen.

Rechtsanwälte sind Menschen deren Worte und Wut man mieten kann.

Marcus Valerius Martialis (40 n. Chr. - 104 n. Chr.)

Muss ich mich auch im mündlichen Scheidungstermin anwaltlich vertreten lassen?

Ihr Rechtsanwalt reicht nicht nur Ihren Scheidungsantrag beim Familiengericht ein. Vielmehr muss er Sie auch im mündlichen Scheidungstermin vor dem Richter persönlich vertreten. Sollten Sie ohne Ihren Rechtsanwalt im mündlichen Scheidungstermin erscheinen, kann der Richter Ihre Scheidung nicht verhandeln.

Ist Ihr Ehepartner anwaltlich vertreten, könnte er beantragen, Ihren Scheidungsantrag als zurückgenommen zu betrachten und wegen Ihrer Säumnis eine Versäumnisentscheidung zu erlassen (§ 130 FamFG). Eine Versäumnisentscheidung beinhaltet, dass Sie im Scheidungstermin nicht ordnungsgemäß vertreten waren. Sie werden so beurteilt, als wären Sie im Termin gar nicht erst erschienen. Da Sie in diesem Fall die Gebühren für die Gerichtskasse bereits bezahlt haben, bekommen Sie nichts zurück. Außerdem müssen Sie Ihrem vielleicht scheidungsunwilligen Ehepartner die Gebühren für dessen Anwalt erstatten.

Nur im Ausnahmefall wird der Richter den Termin vertagen und Ihnen Gelegenheit bieten, einen Rechtsanwalt zu bestellen. Ein Ausnahmefall kann auch vorliegen, wenn Ihr Anwalt im Termin verhindert ist und insoweit Anlass besteht, den Beratungstermin zu vertagen.

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Warum gibt es überhaupt den Anwaltszwang beim Familiengericht?

Der Anwaltszwang beim Familiengericht hat gute Gründe. Das Ehe- und Scheidungsrecht ist komplex. Noch komplexer ist das Verfahrensrecht, nach dem Ihr Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht verläuft. Es ist den Rechtsanwälten als Organ der Rechtspflege übertragen, die Formalien zu beachten, die das Familienverfahrensgesetz für die Beantragung einer Scheidung und die Durchführung des Scheidungsverfahrens vorgibt.

Ein ganz wichtiger Aspekt für den Anwaltszwang ergibt sich daraus, dass Scheidungsverfahren naturgemäß oft emotional geführt werden. Emotionale Aspekte rechtfertigen aber nicht Ihren Scheidungsantrag. Deshalb ist es Aufgabe Ihres Rechtsanwalts, dem Gericht nur diejenigen Aspekte vorzutragen, die aus juristischer Sicht für Ihre Scheidung wichtig sind. Alles andere, was aus juristischer Sicht nicht wichtig ist, sollte nicht Gegenstand Ihres Sachvortrags und Ihres Scheidungsantrags sein. Jeder überflüssige Sachvortrag erschwert die Arbeit des Richters.

Praxisbeispiel:

§ 133 FamFG schreibt im Detail vor, welche Angaben Ihre Antragsschrift enthalten muss und welche Dokumente Sie Ihrer Antragsschrift beifügen müssen. Schwierig ist oft auch zu beurteilen, welches Familiengericht örtlich überhaupt für Ihre Scheidung zuständig ist. Auch für diese Einschätzung benötigen Sie einen Rechtsanwalt. Wird der Antrag bei einem nicht zuständigen Familiengericht eingereicht, wird der Antrag zurückgewiesen.

Und noch etwas: In Ihrem Scheidungsverfahren dürfen Sie nicht Sachverhalte vortragen, die Ihrem Ehepartner vielleicht Anlass geben könnten, Ihrem Scheidungswunsch entgegenzutreten. Nur Ihr Anwalt weiß, was er vortragen muss und wie er auf eine eventuelle Stellungnahme Ihres Ehepartners zu regieren hat. Der Familienrichter entscheidet danach, was das Gesetz rechtlich vorgibt und was für Ihre Scheidung entscheidungserheblich ist. Den dafür notwendigen Sachvortrag liefert Ihr Rechtsanwalt.

Schaubild: Scheidungsrecht
Schaubild: Schaubild: Scheidungsrecht

Kann ich meinen Scheidungsantrag auch ohne Anwalt zurückziehen?

Es kommt durchaus vor, dass ein Ehepartner bereut, die Scheidung beantragt zu haben. Sollten Sie Ihre Ehe in Übereinstimmung mit Ihrem Ehepartner fortführen wollen, können Sie jederzeit, auch noch im mündlichen Scheidungstermin Ihren Scheidungsantrag zurückziehen. Sie können die Rücknahme des Antrags auch schriftlich erklären. Für die Zurücknahme des Scheidungsantrags benötigen Sie keinen Rechtsanwalt (§ 114 Abs. IV Nr. 3 FamFG).

Gut zu wissen:

Ihr Ehepartner, der Ihrem Scheidungsantrag anfänglich zugestimmt hat, kann seine Zustimmung zur Scheidung jederzeit widerrufen. Für den Widerruf braucht er oder sie selbst keinen Rechtsanwalt zu beauftragen (§ 114 Abs. IV Nr. 3 FamFG). Er braucht dem Gericht nur mitzuteilen, dass er Ihrem Scheidungsantrag nicht mehr zustimmen möchte. Will er dann allerdings über Ihren Scheidungsantrag verhandeln, muss er einen Rechtsanwalt beauftragen. Nur ein Rechtsanwalt kann vor dem Familiengericht Anträge stellen und verhandeln.

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Checkliste

Muss sich mein Ehepartner unbedingt durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen?

Einvernehmliche Scheidung

Gelingt es Ihnen, sich im gegenseitigen Einvernehmen mit Ihrem Ehepartner scheiden zu lassen, braucht nur derjenige Ehepartner einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der den Scheidungsantrag beim Familiengericht einreicht. Der andere Ehepartner, der dem Scheidungsantrag zustimmt, braucht dem Familiengericht nur mitzuteilen, dass er mit der Scheidung einverstanden ist. Dafür genügt die formlose Mitteilung an das Gericht. Für die Zustimmung zum Scheidungsantrag benötigt der Ehepartner keinen Rechtsanwalt. Demgemäß fallen auch keine Anwaltsgebühren für ihn/sie an. Die einvernehmliche Scheidung ist der kostengünstigste und schnellste Weg, sich scheiden zu lassen und die mit einer Scheidung oft verbundenen emotionalen Aspekte außen vor zu lassen.

Gut zu wissen:

Handhaben Sie Ihre Scheidung einvernehmlich, kann Ihr anwaltlich nicht vertretener Ehepartner vor dem Familiengericht nichts verhandeln. Würde er verhandeln wollen, müsste er einen Rechtsanwalt beauftragen. Lassen Sie sich einvernehmlich scheiden, ist dies aber kein Nachteil. Da Sie sich mit Ihrem Ehepartner einig sind, genügt es völlig, wenn Sie den Scheidungsantrag stellen und der Ehepartner zustimmt oder umgekehrt.

Streitige Scheidung

Streiten Sie sich mit Ihrem Ehepartner wegen der Voraussetzungen der Scheidung (z.B. Ablauf des Trennungsjahres) oder wegen einer Scheidungsfolge (z.B. Umgangsrecht für das gemeinsame Kind) und lassen es darauf ankommt, dass Sie die Streitigkeit vor dem Richter verhandeln und den Richter entscheiden lassen, verläuft Ihre Scheidung als streitige Scheidung.

Da dann jeder Ehepartner Anträge stellen möchte und vor Gericht verhandeln muss, muss jeder Ehepartner einen eigenen Rechtsanwalt beauftragen. Nur der jeweilige Rechtsanwalt kann beim Familiengericht Schriftsätze einreichen, den Ehepartner vor Gericht vertreten und im mündlichen Verhandlungstermin verhandeln. Auch wenn Sie sich im Scheidungstermin doch noch irgendwie einig werden, benötigt jeder Ehepartner für eine vergleichsweise Einigung einen eigenen Rechtsanwalt.

Gut zu wissen:

Sie sollten genau überlegen, ob Sie Ihre Scheidung einvernehmlich oder streitig verlaufen lassen. Verläuft Ihre Scheidung einvernehmlich, bemessen sich die Gebühren für die Gerichtskasse und Ihren Rechtsanwalt allein nach den Verfahrenswerten für Ihr Scheidungsverfahren und dem im Regelfall von Amts wegen durchzuführenden Versorgungsausgleich. Es ergeben sich Mindestverfahrenswerte von 4.000 EUR, die sich in Abhängigkeit von Ihren Einkommensverhältnissen erhöhen können. Bei einem Verfahrenswert von 4.000 EUR verursacht Ihre Scheidung Gebühren von weniger als 1.000 EUR.

Verläuft Ihre Scheidung jedoch streitig, verursachen Sie für jeden Streit über eine Scheidungsfolge einen zusätzlichen Verfahrenswert. Sie treiben damit die Gebühren für das Gericht und die beiden notwendigerweise beteiligten Rechtsanwälte zwangsläufig in die Höhe. Streiten Sie beispielsweise über den Ehegattenunterhalt und fordern monatlich 500 EUR, verursachen Sie einen zusätzlichen Streitwert von 6.000 EUR. Es versteht sich, dass die Gebühren damit in die Höhe steigen.

Ist eine Scheidung ohne Anwalt nach drei Jahren möglich?

Sie werden nach Ablauf des Trennungsjahres im Regelfall problemlos geschieden, wenn Ihr Ehepartner Ihrem Scheidungswunsch zustimmt. Widersetzt sich Ihr Ehepartner Ihrem Scheidungswunsch, werden Sie im Regelfall spätestens nach drei Jahren auch gegen den ausdrücklichen Willen Ihres Ehepartners geschieden.

Auch dann benötigen Sie einen Rechtsanwalt, der Ihren Scheidungsantrag begründet und bei Gericht einreicht. Auch dann findet ein mündlicher Scheidungstermin vor dem Familiengericht statt. Ob Ihr Ehepartner dann einen Anwalt benötigt, hängt davon ab, ob er die Scheidung akzeptiert und inwieweit er eine Scheidungsfolge streitig verhandeln möchte.

Vermeiden Sie mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung zusätzliche Gerichts- und Anwaltsgebühren

Sie können Ihre Scheidung immer noch einvernehmlich abwickeln, wenn Sie eventuelle streitige Scheidungsfolgen einvernehmlich regeln. Das Werkzeug hierfür ist die Scheidungsfolgenvereinbarung. In einer solchen Vereinbarung regeln Sie die Rechte und Pflichten, die mit einer Scheidungsfolge verbunden sind.

Praxisbeispiel:

Ihr Ehepartner wünscht ein angemessenes Umgangsrecht für Ihr gemeinsames Kind. Sie können das Umgangsrecht vor dem Richter verhandeln und werden sich anhören müssen, dass jeder Elternteil das Recht, aber auch die Pflicht hat, den Umgang mit dem Kind zu pflegen. Genauso hat jedes Kind ein Recht auf Umgang mit jedem seiner Elternteile. Dieses vom Gesetz vorgegebene Ergebnis erreichen Sie wesentlich einfacher, wenn Sie sich einvernehmlich auf ein angemessenes Umgangsrecht einigen und die Einigung in einer Scheidungsfolgenvereinbarung festschreiben.

Gut zu wissen:

Scheidungsfolgenvereinbarungen sind weitgehend notariell zu beurkunden. Nur dann sind sie rechtlich verbindlich. Alternativ können Sie eine Vereinbarung auch im mündlichen Scheidungstermin vom Richter protokollieren lassen. Auch dann ist die Vereinbarung rechtsverbindlich.

Scheidungsfolgenvereinbarung

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Checkliste

Wie finde ich den richtigen Anwalt für mein Scheidungsverfahren?

Benötigen Sie für Ihren Scheidungsantrag einen Rechtsanwalt, können Sie in den Gelben Seiten des Telefonbuchs blättern, Bekannte fragen oder auf gut Glück einen Rechtsanwalt beauftragen. Einfacher ist es, wenn Sie sich über einen kompetenten Scheidungsservice einen Rechtsanwalt vermitteln lassen. Sie dürfen davon ausgehen, dass Sie an einen Rechtsanwalt verwiesen werden, der mit dem Scheidungsservice vertrauensvoll zusammenarbeitet, in Scheidungsverfahren bewährt ist und sich als vertrauenswürdig und kompetent erwiesen hat. Damit sparen Sie die oft aufwändige und ungewisse Suche nach einem Rechtsanwalt.

Expertentipp:

Scheidungsservices bieten die Möglichkeit, eine Scheidung online als Online-Scheidung auf den Weg zu bringen. Sie korrespondieren dann von Anfang an unter Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel mit dem Scheidungsservice und dem sodann vermittelten Rechtsanwalt. Sie sparen sich den Rechercheaufwand für einen Anwalt, können Ihre Akte online jederzeit über das Internet einsehen und unabhängig davon selbstverständlich jederzeit mit Ihrem Anwalt persönlich oder telefonisch in Kontakt treten.

Gut zu wissen:

Anwälte bezeichnen sich oft als „Fachanwalt für Familienrecht“. Hierbei handelt sich um Anwälte, die vorwiegend oder ausschließlich im Familienrecht tätig sind und sich der Mühe unterworfen haben, dafür eigens einen Fachanwaltstitel zu erwerben. Ungeachtet dessen verfügen aber auch Anwälte, die diese Fachanwaltsbezeichnung nicht führen, im Regelfall über eine ähnliche Kompetenz.

Wegen des für Fachanwälte einhergehenden Fortbildungszwangs und des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands ist nicht jeder im Familienrecht tätige Anwalt interessiert, den Fachanwaltstitel für Familienrecht zu erwerben und fortlaufend aufrechterhalten zu müssen. Deshalb arbeiten Anwälte auch gern mit dem „Tätigkeitsschwerpunkt Familienrecht“. Auch damit kommt zum Ausdruck, dass ein Anwalt im Familienrecht nachhaltig tätig ist und sich kompetent auskennt.

Fazit

Sie sollten die Vorgabe „Anwaltszwang“ keinesfalls als Zwang empfinden. Der gesetzlich vorgeschriebene Anwaltszwang dient Ihren Interessen. Sie sollten es als hilfreiche Unterstützung betrachten, wenn Sie jemanden an Ihrer Seite haben, der sich in Scheidungsverfahren und im Umgang mit Gerichten auskennt und Sie jederzeit berät, wenn eine Entscheidung ansteht. Es ist ein gutes Gefühl, im Scheidungstermin in Begleitung eines Rechtsanwalts zu erscheinen und sich nicht dem Gefühl auszusetzen, man fühle sich vor den Schranken des Gerichts irgendwie verloren.

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Autor Volker Beeden

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